Die Überschrift lässt sich leicht missdeuten, denn Google möchte diesmal nicht das Surf- und Suchverhalten von Menschen analysieren, sondern tiefer in den Menschen eindringen, was irgendwie faszinierend ist. Doch fangen wir dieses überaus komplizierte Thema anders an.
Auch wenn sie nur wenige Leute besitzen, so kennt doch jeder die „Google Glass“- Datenbrille. Google hatte entschieden, die Datenbrille seit dem 19. Januar 2015 nicht mehr zu verkaufen. Dies klingt natürlich nach einer Einstellung des Projekts, aber eigentlich war es ein Neuanfang (Projekt Aura). Der Konzern aus Mountain View bemüht sich aktuell dieses umstrittene Gadget um einige Funktionen zu erweitern.
Genauer gesagt, möchte Google die Brille um „graphemische Synästhesie“ erweitern. Es ist keine Bildungslücke, wenn man diesen Begriff nicht kennt, aber circa 0,4% der Menschheit ist damit ausgestattet.
„Synästhesie ist ein Überbegriff für seltene Wahrnehmungsphänomene, bei denen verschiedene sensorische Bereiche im Gehirn besonders stark verknüpft sind. Synästhetiker verbinden also Sinneseindrücke mit Farben, Formen oder einem bestimmten Geschmack.“
Synästhesie ist keine Krankheit oder Behinderung, sondern eine angeborene Besonderheit in der Wahrnehmung, sowas wie eine zusätzliche Fähigkeit, die auch durch Drogen oder andere Krankheiten hervorgerufen, bzw. gefördert werden kann. Die häufigste Variante ist wie bereits erwähnt die „graphemische Synästhesie“. Man spricht hier von „Farbhören“, d.h. Töne, z.B. von Musik, werden in Farben dargestellt.
Zum auditiven Hörgenuss, kommt zusätzlich ein visueller „Sehgenuss“. Eine Symphonie unterscheidet sich in ihrer Farbkomposition wesentlich von der eines Rockkonzertes. Auch umgekehrt ist eine Darstellung möglich: bevor auch nur ein Ton gespielt wurde, kann ein Komponist anhand seiner Noten „sehen“, ob sich sein Werk später „harmonisch“ anhört.
Auch Zahlen und Buchstaben fallen in diese Art der Wahrnehmung. Die Zahl „Acht“ wäre beispielsweise ein „Indigoblau“ und die „Vier“ ein dunkles „Karmesinrot“. Die Empfindungen sind rein individuell und überlagern die übrigen Sinne in keiner Weise. Eher werden diese Wahrnehmungen von Probanden als „erweiternde“ Eigenschaft beschrieben.
In der erweiterten Mathematik (sofern man hierfür ein Zugang hat) werden unkorrekte Formeln oder Lösungswege vom Gehirn automatisch als falsch erkannt, weil die darstellenden Farben „disharmonisch“ wirken. Dies klappt allerdings auch bei einfachen Mathe-Aufgaben (z.B. 3+3=7).
Nicht zuletzt ist diese besondere Form der Wahrnehmung eine sehr brauchbare Hilfe für das Gehirn, um sich bestimmte Dinge, wie Telefonnummern, leichter zu merken. Die Assoziationen, die im Gehirn entstehen unterstützen die Gedächtnisleistung. Synästhetiker sind häufig überdurchschnittlich intelligent und kreativ. Als Preis sind aber sehr sensibel in der Wahrnehmung.
Der amerikanische Psychologe Edward Hubbard ging bisher davon aus, dass die Synästhesie teilweise auch erlernt werden kann, wenn eine bestimmte Veranlagung besteht. Neuere Forschungen haben nun ergeben, das die graphemische Synästhesie im menschlichen Gehirn auch mit technischen Mitteln angeregt werden kann.
Google möchte sich diese Technik nun zunutze machen, um die Träger der „Google-Glass“ mit diesen erweiterten Fähigkeiten auszustatten.
Vorteile erhofft sich das Unternehmen dadurch, das jeder Nutzer mit ein wenig Übung seine Umwelt klarer wahrnimmt und die Lernfähigkeit gefördert wird. Die brachliegenden Areale im sensorischen Bereich des menschlichen Gehirns werden angesprochen, was eine künstliche Synästhesie auslösen kann. Es entstehen neue Verknüpfungen, die bei eingehendem Gebrauch eine dauerhafte Umstellung bewirken. Sollte das Projekt zum Erfolg führen, wäre es ein Meilenstein in der HCI-Forschung.
Erste neue Prototypen der Google Glass mit den neuen Funktionen möchte Google bereits im dritten Quartal vorstellen, sodass diese schon alsbald in der Forschung genutzt werden können. Der Roadmap nach, sollen dann spätestens 2019 die ersten Brillen an Studenten, was mich ja dann freuen würde, rausgehen und beim Studium helfen. Man, wie ich mich auf die Zukunft freuen!
[Update 2.04.] Danke, dass ihr den Beitrag so aufmerksam gelesen habt. Dies war unser Aprilscherz in diesem Jahr.
Das war leider zu offensichtlich, weil ihr sonst nie auf Wikipedia verlinkt … aber die Idee ist nett ?
Seufz, wäre ich mal etwas später geboren, dann würde ich auch noch etwas mehr von der „Mega-Technische-Zukunft“ ? mitkommen lol !!!
Interessanter Artikel… ??
Das DM-Team haben übrigens vor einer Woche 3 Brillen zum Testen bekommen.
In einem Monat werdet ihr dann unseren Erfahrunsgbericht zu lesen bekommen!
Na gut das heute der erste April ist
Ich habe als 14jähriger mal mit dem „visuellen Hören“ experimentiert. Als Musik-Affiner kam ich seinerzeit auf die Idee, Musik in Bildern umzusetzen. Die Idee lag nahe, weil mir auffiel, dass mir Bilder kamen, aber nur bei bestimmten Musikstücken. Meine Auswahl traf auf das Klaviekonzert Nr2, a-moll op.16, weil ich zu dem Instrument eine persönliche Beziehung habe; und zur nordischen Musikkunst von Edvard Grieg. Gèza Anda interpretiert das Werk einfach nur phänomenal. Das Ganze lief natürlich der damaligen Zeit analog ab.
Also ging es auch zur Sache und lieh mir aus dem Kamera-Pool von Arnold&Richter die Arriflex16 aus, drehte in Schwarz/Weiss.
Effekte mit (analog gemäß mit opt. Filtern) und Schnitt am Steenbeck. Da ich bestimmte Jahreszeiten brauchte, bestimmte Lichtverhältnisse, dauerte der Dreh über die Jahreslänge.
Ob der Film mir gelungen ist? Ich habe ihn mir kürzlich noch einmal angesehen. Ja und Nein. Die Abstraktion in der Wahrnehmung differiert doch augenscheinlich. Und Menschen reagieren neurophysiologisch auf Klänge sehr unterschiedlich. Vielleicht kann der Algorithmus in der Digitaltechnik eher eindringen in das komplexe Gefüge der Wahrnehmungsfähigkeit des Gehirns. Die Neurowissenschaft dringt ja nun auch schon in die Regionen des Gehirns vor, die für das Fühlen, die Verbildlichung verantwortlich ist. Das photographische Gedächtnis ist so eine Eigenschaft. Und ja, Menschen mit sensitiven Fähigkeiten, wobei auch die Musikalität oder bildende Künstler gehören, sind sicherlich auch nachgewiesen besonders charakterlich sensible Menschen.
Ich nehme immer rDSL um visuell zu hören, das dröhnt gut und flasht!