YouTube Premium Lite: Der kostenpflichtige 90%-Adblocker

Youtube Premium Lite zeigt ein "Premium"-Logo in der oberen Ecke, auch wenn es nicht alle Funktionen gibt
Youtube Premium Lite zeigt ein „Premium“-Logo in der oberen Ecke, auch wenn es nicht alle Funktionen gibt

Google bietet für die Videoplattform Youtube seit April 2025 (und teilweise schon früher – wir berichteten) eine im Umfang reduzierte Variante von Youtube Premium an, die nur die Werbeunterbrechungen beseitigt. Für sechs Euro im Monat. Gut genug oder muss da noch mehr gefeilt werden?

Hand aufs Herz: die Werbeunterbrechungen auf Youtube sind seit Jahren auf einem derart nervigen Level angekommen, dass man fast schon gewillt ist, sich die fünfminütigen Spotanhäufungen im linearen Fernsehprogramm anzutun. Für das man unter Umständen auch noch draufzahlen muss, sofern man diese sich in HD antun möchte.

Wie nervig das inzwischen geworden ist? Ich liste ein paar Beispiele auf:

  • Bei den allermeisten Videos wird man schon zu Beginn mit Werbung überrascht. Mit etwas Glück kann man die nach fünf Sekunden überspringen, bei weniger Glück muss man sie sich gerne bis zu 20 Sekunden antun.
  • Sehr lange Videos kommen gerne mit einem Hinweis auf „weniger Unterbrechungen“, dafür aber mit einer Latte an Spots, wovon der letzte übersprungen werden kann.
  • Möchte man einige Szenen überfliegen, greift die Werbung gerne plötzlich ein. So wird das Springen von Szene zu Szene zur Geduldsprobe.
  • Unfreiwillig komisch wird es, wenn man sich kurze Clips (keine Shorts) anschauen möchte, die kürzer sind als die Werbung.

Komm‘ in die Premiumgruppe!

Nun möchte man nicht unbedingt in eine dubiose WhatsApp-Gruppe reinschlittern, um fragwürdige Finanztipps zu erhalten, bei denen ein vermeintlicher „PORSCHE CAYMAN S“ rausspringen könnte. Oder von Ralf Schumacher zu erfahren, wo man den Wert seines Autos ermitteln lassen kann. Google hat dafür seit Mitte Juni 2018 Youtube Premium für 12,99 Euro monatlich im Petto. Erst seit April 2025 – vorher nur für bestimmte Nutzergruppen – gibt es mit Youtube Premium Lite eine um knapp 54% günstigere Variante. Was unterscheidet die beiden?

  YouTube Premium (12,99 Euro pro Monat) YouTube Premium Lite (5,99 Euro pro Monat)
komplette Werbefreiheit x
Werbefreiheit überall außer bei Musik, Shorts und der Suche x
YouTube Music Premium x
Hintergrundwiedergabe x
Offline-Downloads x

Nur ein Viertel dessen, was das Komplettpaket bietet, hat das Lite-Portfolio zu bieten. Und das auch noch spezialisiert. Denn Google gewährt Lite-Nutzern lediglich eine großzügige Werbefreiheit, die bei Musikinhalten, Short-Clips und den Suchergebnissen endet. Auf Youtube wird das Ganze als „[k]eine Werbeunterbrechungen bei den meisten Videos“ bezeichnet, was ohne Kontext für ein wenig Verwirrung sorgen könnte.

Auf praktische Features wie der Hintergrundwiedergabe muss man selbst bei Lite verzichten. Und wer andere Musikstreaming-Dienste wie Spotify nutzt, kann gut und gerne auf die Premiumvariante von YouTube Music verzichten, die unterbrechungsfreies Streaming (im Sinne von Werbung) in höherer Audioqualität bietet. Was außerdem Nutzern des teureren Premiumpakets vorbehalten bleibt, ist die Qualitätsstufe „1080p Premium“. Auch die können Lite-Nutzer nicht auswählen.

Und mit mir hätte Google jetzt jemanden, der nur auf die Werbefreiheit scharf ist. Kann der winzigkleine Kompromiss ausreichen? Ich habe es einen Monat lang ausprobiert.

Nummer 7 wird Dich verblüffen

Die Seite zu Youtube Premium Lite
Die Seite zu Youtube Premium Lite

Endlich Clickbait-Videos mit grauenhafter KI-Vertonung und absolut billiger Aufmachung ohne Werbeunterbrechungen schauen…glücklicherweise war das innerhalb dieses Monats absolut nicht mein Ziel. Ich habe Youtube so benutzt, wie ich es sonst benutzen würde: teilweise als Smart-TV-App auf meinem Apple TV, teilweise im Firefox-Browser auf dem Computer. Und das mit Content, den ich tagtäglich konsumiere.

Sei es Retrocontent von LGR, von This Does Not Compute, von VWestlife, sei es Autocontent von den Autodoktoren, von Carwow, von Auto Motor & Sport, sei es Dashcamcontent von Eure Videos Fahrnünftig, von DashcamDriversGermany, von RLP Dashcam, all diesen Content gibt es in der Tat ohne eine einzige Werbeunterbrechung. Selbst diese erwähnten Werbeanzeigen sind mir nirgends aufgefallen oder begegnet.

Ein Beispiel vor Premium Lite kann ich von einen der Dashcam-Kanäle entnehmen. Vorher fing die Werbung zu Beginn des Videos an und dann nach nicht mal einer Minute kam auch schon die nächste. Und die Videos sind nicht wahnsinnig lang, gerne maximal zehn Minuten. Für sechs Euro im Monat ist das Geschichte.

Einer der größten Kritikpunkte der Smart-TV-App von Youtube ist ohnehin die teils mühselige Bedienung in den Videos. Das Scrollen durch die langen Kommentare ist schon ein absoluter Krampf, weil der Cursor direkt ein Element runterscrollt statt mich den Kommentar scrollen zu lassen. Die Kommentarsektion wird sofort geschlossen, wenn Werbung abgespielt wird. „Keine Zeit zum Kommentarelesen. Du musst jetzt sofort wissen, wie viel Dein Auto wert ist“. Ab Premium Lite: nichts mehr davon da.

Zugegeben: die Werbeunterbrechung wird man spätestens bei Musikinhalten wiedersehen. Wenn es sich um einen normallangen Musikclip handelt, die in der Regel nur zwischen drei und sechs Minuten lang sind, gibt’s diese Unterbrechung nur zu Beginn. Nur eine lange Latte an Musikclips – wie etwa eine Zusammenstellung der deutschen Singlecharts aus einem bestimmten Jahr – wird mittendrin Werbung triggern. Kurz: solange das Video fast ausschließlich aus Musik besteht, ist die Möglichkeit groß, immer noch Werbung zu sehen.

„Mein Adblocker funktioniert und ist kostenlos“

Trotz Premium-Schriftzug Werbung: bei Musikinhalten weiterhin möglich
Trotz Premium-Schriftzug Werbung: bei Musikinhalten weiterhin möglich

Klar, Google mit sechs Euro im Monat nur für eine quasi 90-prozentige Werbefreiheit auf Youtube zu bezahlen, schmeckt nicht jedem. Das musste ich erfahren, als ich über Threads gepostet habe, Youtube Premium Lite auszuprobieren. Und welcher Begriff fiel da am meisten? Der englische Begriff für „Werbeblocker“: Adblocker.

Effektive Werbeblocker bekommen es hin, dieselbe Erfahrung wie zahlende Premium-Kunden zu haben, ohne dass überhaupt „Premium“ oben in der linken Ecke steht. Manchmal möchte eine Werbung doch versuchen zu laden, scheitert aber an den Mechanismen der Browsererweiterung. Manche Browser wie Opera GX oder Brave bieten das von Haus aus an. Zumindest PC-Nutzer sind damit auf der sicheren Seite. Vorausgesetzt sie kommen damit klar, dass Google jederzeit Modifikationen vornehmen kann, um aktuellen Werbeblock-Mechanismen einen Riegel vorzuschieben.

Da hört die Denkweise der meisten auch schon auf. Werbefreies Youtube möchte man vielleicht auch gerne außerhalb des PCs haben. Auf dem Smartphone etwa. Da haben Androidnutzer gute Karten mit modifizierten Youtube-Apps. Auch Nutzer Android-basierter Streaming-Sticks kommen so in den Genuss einer werbefreien Videoplattform. Da wird es bei Apple etwas schwieriger. Beim Apple TV etwa existieren keine zufriedenstellenden Lösungen.

Findige Bastler können mit Pi-hole einen netzwerkübergreifenden Werbeblocker zusammenstellen. Wer es noch ein wenig riskanter mag, schnappt sich ein günstigeres YouTube Premium über VPN. Durch die Wechselkurse kostet ein Abonnement deutlich weniger als in Deutschland. Google greift da allerdings schon zu Mitteln wie das Verlangen eines in dem jeweiligen Land akzeptierten Zahlungsmittels oder die Sperrung des Accounts, sollte sich herausstellen, dass der doch woanders genutzt wird.

Fazit: Ein Anfang für faule und zahlungswillige Geizhälse

Wer faul ist, zahlt. Und das nicht nur bei der Erneuerung eines SSL-Zertifikats von Let’s Encrypt. Google hat schon mal etwas in Bewegung gebracht, um ihre eigene dramatische Werbeflut auf der verlustbehafteten Videoplattform Youtube für einen kleineren Betrag einzugrenzen. Und wer Youtube Music Premium, Hintergrundwiedergabe und Offline-Downloads nicht braucht und auch damit klarkommt, dass bei Musikinhalten trotzdem noch Werbung kommt, hat mit Premium Lite für sechs Euro monatlich eine bequeme, wenn auch nicht 100-prozentig zufriedenstellende Lösung.

Meiner Meinung nach darf der Preis noch weiter runtergehen, um genug Leute zu erreichen. Sechs Euro ist für viele noch viel zu hoch, insbesondere für eine nicht-vollständige Werbefreiheit. Insbesondere verstehe ich den Sinn dahinter nicht, warum man die Qualitätsstufe „1080p Premium“ mit besserer Bitrate schauen kann, wenn Videos mit 4K oder 8K auch kostenlose Nutzer problemlos schauen können. Wer mit regelmäßigen Änderungen konfrontiert werden möchte und auch teils tiefgreifende Basteleien nicht scheut, fährt mit anderen Werbefreiheitsmaßnahmen wesentlich günstiger und investiert keine müde Mark in Google.

Es soll ja tatsächlich Leute geben, die auf das volle Youtube Premium schwören. Für welche Seite man sich letzten Endes entscheidet, ist einem selbst überlassen.

YouTube Premium Lite: Der kostenpflichtige 90%-Adblocker
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19 Kommentare zu “YouTube Premium Lite: Der kostenpflichtige 90%-Adblocker

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