Die girocard bleibt für viele Menschen in Deutschland das wichtigste Zahlungsmittel. Gleichzeitig zeigen neue Umfragen, dass der Wunsch nach europäischen oder deutschen Alternativen zu US-Anbietern deutlich wächst. Doch die Realität im Hintergrund ist ernüchternd: Europa hat über Jahrzehnte kein vollwertiges eigenes Zahlungssystem aufgebaut – und die girocard ist bis heute vor allem ein nationales System.

„Made in Germany“ gewinnt an Bedeutung – allerdings ohne echte europäische Infrastruktur
Laut einer Studie von infas quo gehen 65 Prozent der Befragten davon aus, dass geopolitische Konflikte Deutschlands Wirtschaft stark beeinflussen. In der Folge wird „Made in Germany“ im Alltag wieder relevanter – auch beim Bezahlen.
Eine Allensbach-Umfrage zeigt parallel:
- 60 Prozent halten europäische oder deutsche Zahlungsalternativen für wichtig (2022: 45 Prozent).
- 69 Prozent sehen darin eine Stärkung der Unabhängigkeit von den USA.
Doch genau diese Unabhängigkeit existiert im Zahlungsverkehr praktisch nicht:
- Die girocard funktioniert im Ausland nur über Co-Badges wie Debit Mastercard, Visa Debit oder in älteren Fällen Maestro oder V PAY.
- Ohne diese US-basierten Zusatzschemata wäre die Karte außerhalb Deutschlands kaum nutzbar.
Das unterstreicht ein strukturelles Problem: Die girocard ist zwar im Inland stark – aber sie ist kein eigenständiges europäisches Zahlungssystem.
Europas Rückstand: Verschleppte Projekte und verpasste Chancen
Die Branche versucht seit vielen Jahren, ein echtes, paneuropäisches Schemes aufzubauen – allerdings ohne Erfolg:
Monnet-Projekt (2008–2012): gescheitert
Eine Initiative mehrerer europäischer Banken sollte ein gemeinsames europäisches Kartensystem schaffen. Ergebnis: Einstellung des Projekts, unter anderem wegen hoher Kosten, fehlender politischer Unterstützung und mangelnder Einigkeit unter den Banken.
National fragmentierte Systeme
Viele EU-Länder betrieben jahrzehntelang eigene Debitkartensysteme (z. B. „Carte Bancaire“ in Frankreich, „Bancontact“ in Belgien oder eben „girocard“ in Deutschland). Diese Systeme funktionierten gut – aber nur national. Eine gemeinsame europäische Lösung wurde nicht vorangetrieben, obwohl die Notwendigkeit früh bekannt war.
European Payments Initiative (EPI) – seit 2020, mehrfach umstrukturiert
EPI sollte endlich das schaffen, was Europa seit Jahrzehnten verpasst hat: ein gemeinsames Zahlungssystem inklusive eigener Karte. Start mit über 30 Banken – später Rückzüge mehrerer großer Institute. Fördergelder und politische Unterstützung vorhanden, aber langsamer Fortschritt. Erste Produkte („Wero“ Instant Payments) eingeführt – aber keine eigenständige europaweite Karte, die Visa oder Mastercard ersetzt. EPI existiert – aber das Ziel eines wirklich unabhängigen europäischen Kartensystems ist weiterhin Zukunftsmusik.
girocard: Stark im Inland, schwach im Ausland
Die Zahlen zeigen die Bedeutung im Alltag:
- 22 Millionen Transaktionen pro Tag
- 100 Millionen Karten im Umlauf
- 1,3 Millionen Akzeptanzstellen in Deutschland
- Doch dieser Erfolg bleibt national begrenzt.
Wer im Ausland zahlt, verwendet entweder:
- Debit Mastercard
- Visa Debit
- oder früher Maestro / V PAY
- Nicht aber „die girocard“.
Das steht im klaren Widerspruch zu dem Wunsch vieler Bürger nach europäischer technologischer Souveränität.
Ja ja, die Deutschen und ihre Vorlieben für Relikte.
Während in vielen Ländern schon gar nicht mehr mit Bargeld gezahlt werden kann hält man hierzulande lieber noch an bunt bedrucktem Papier und der guten alten Girocard fest. Ein Unding, dass man nicht mit seinem Sparkassen Sparbuch bezahlen kann.
„Jaaaa aber es geht ja niemanden etwas an dass ich meine Millionen Schwarzgeld verschiebe, deshalb bezahle ich bar“
Schweden dreht das Rad von nur Kreditkarte gerade wieder auf Bargeld zurück. Warum wohl? Girocard als nationaler Alleingang kann nicht punkten. Und die EU, die Staaten und die Banken wollten wohl keine europäische Kreditkarte. Oder dürfen die Banken nicht, solange sie mit VISA oder MASTER ein Vertrag haben?