Vorratsdatenspeicherung: Neuer Anlauf, alte Probleme

Die Bundesregierung arbeitet erneut an einer gesetzlichen Pflicht zur Speicherung von IP-Adressen. Ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium sieht vor, dass Anbieter entsprechende Daten bis zu drei Monate lang speichern sollen. Ermittler sollen so im Nachhinein nachvollziehen können, welchem Anschluss eine Adresse zum Tatzeitpunkt zugeordnet war. Begründet wird der Vorstoß mit der Bekämpfung von Cyberkriminalität. Gerade bei Online-Betrug, Hasskriminalität oder dem Missbrauchsdarstellungen von Kindern seien IP-Adressen oft die einzige verwertbare Spur. Ohne eine längere Speicherung liefen Ermittlungen ins Leere, heißt es aus dem Ministerium.

Symbolfoto: pixabay

Was diesmal gespeichert werden soll

Konkret sollen Internetanbieter verpflichtet werden, IP-Adressen samt der für die Zuordnung notwendigen Zusatzdaten zu sichern. Standortdaten oder klassische Verkehrsdaten – also wer mit wem kommuniziert – sind laut Entwurf nicht vorgesehen. Der Zugriff soll weiterhin nur bei einem konkreten Anfangsverdacht möglich sein. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig spricht von einem verhältnismäßigen Instrument. Es handele sich nicht um eine umfassende Überwachung, sondern um eine gezielte Sicherung technischer Zuordnungsdaten. Bewegungsprofile oder Inhalte der Kommunikation seien ausdrücklich ausgeschlossen.

Ein alter Streit mit bekanntem Ausgang

Neu ist diese Debatte nicht. Versuche, eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu etablieren, gab es bereits mehrfach. Bestand hatten sie jedoch nie lange: Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof kippten frühere Regelungen wieder. Zu tief, so die Richter, greife eine anlasslose Massenspeicherung in Grundrechte ein. Auch daran ändert der aktuelle Entwurf wenig. Zwar beschränkt sich die geplante Speicherung formal auf IP-Adressen. Doch gerade diese lassen sich in der Praxis sehr wohl Personen zuordnen – insbesondere, wenn weitere Daten hinzukommen. Datenschützer sehen darin weiterhin einen Generalverdacht gegen alle Internetnutzer.

Kritik von mehreren Seiten

Entsprechend fällt die Reaktion kritisch aus. Datenschützer warnen vor einem erneuten Einstieg in eine Überwachungslogik, die bereits mehrfach gescheitert ist. Der Kern des Problems liege nicht im Mangel an Daten, sondern in fehlendem Personal, unzureichender technischer Ausstattung und langsamen Verfahren bei den Ermittlungsbehörden. Aus Polizeikreisen kommt hingegen gegenteilige Kritik. Dort gelten drei Monate Speicherfrist als zu kurz. Internationale Verfahren zögen sich häufig über deutlich längere Zeiträume. Ohne weitergehende Speicherpflichten bleibe das Instrument wirkungslos.

Politisch noch lange nicht entschieden

Der Gesetzentwurf ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt. Zwar ist die IP-Adressen-Speicherung Teil des Koalitionsvertrags von Union und SPD, doch spätestens im parlamentarischen Verfahren dürfte es erneut zu Auseinandersetzungen kommen. Klagen vor nationalen und europäischen Gerichten gelten bereits jetzt als wahrscheinlich. Unterm Strich bleibt der Eindruck eines bekannten Musters: Neue Argumente bringt der aktuelle Vorstoß kaum. Die rechtlichen Hürden sind unverändert hoch – und die Erfolgsaussichten entsprechend ungewiss. Ob dieser Anlauf mehr Bestand hat als seine Vorgänger, dürfte am Ende erneut nicht die Politik entscheiden.

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15 Kommentare zu “Vorratsdatenspeicherung: Neuer Anlauf, alte Probleme

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