Hi-Octane – Bullfrogs kleiner Hardwarefresser

Ein Compaq Presario 460, auf dem Hi-Octane läuft
Ein Compaq Presario 460, auf dem Hi-Octane läuft

Die britische Computerspielschmiede Bullfrog Productions veröffentlichte im August 1995 ihr so ziemlich einziges Rennspiel in der Firmengeschichte: Hi-Octane.

Kannte man Bullfrog bis dato eher für Klassiker wie Populous, Syndicate oder Theme Park, fällt Hi-Octane für viele PC-Spieler eher unter dem Radar. Wenig verwunderlich, war die Entwicklungszeit mit sechs Wochen – laut Peter Molyneux – ziemlich flott und die Pressewertungen für Bullfrog-Verhältnisse nicht spitzenmäßig.

Was macht man hier? Auf sechs Rennstrecken mit unterschiedlichen Umgebungen wie Stadt, Wüsten- oder Schneelandschaften tritt man gegen sieben Konkurrenten in bewaffneten Hovercrafts an. Ziel ist das Gewinnen einer Meisterschaft, ohne dabei zu oft von Gegnern durch Beschüsse zerstört zu werden.

Entweder man attackiert die Gegner mit der Minigun, die bei Dauerfeuer erhitzt. Oder gönnt diesen eine kräftige Schadensaddierung durch Raketen, die es nur begrenzt gibt. Auf den Strecken können Panzerung, Munition und Sprit aufgeladen werden, jedoch nicht komplett im Vorbeirauschen. Für eine vollständige Aufladung bedarf es eines Stopps.

Hi-Octane? Nur mit Hi-End!

Zwar konnte man Hi-Octane seinerzeit auch für Sega Saturn und Sony Playstation erwerben und damit halbwegs angepasste Varianten des Titels spielen. Die Variante für PCs macht sich durch das Medienecho als das „Crysis der 90er Jahre“ bemerkbar.

„Wer einen flotten Rechner besitzt, erhält ein packendes Rennspiel mit cleveren Features wie den sich verändernden Strecken.“
(PC Player 8/95, 77%)

„Kurz gesagt. wer mit einem 486 DX2/66 startet, muß ein paar Liter Spielspaß im Tank lassen, erst auf Highend-Rechnern gibt Hi-Octane die volle Leistung ab.“
(PC Joker 9/95, 77%)

„‘Hi-Octane‘ ist ein spannendes 3-D-Rennen, das jedoch erst ab einem 486er PC hundertprozentig abgeht.“
(Fun Online 10/95, 67%)

Das Spiel bietet zwei Auflösungen an: 320 mal 200 Pixel (VGA) und 640 mal 480 Pixel (SVGA). Beides mit je 256 Farben. Wenn die Zeitschriften Mitte 1995 geschrieben haben, dass selbst ein Pentium-System mit der SVGA-Grafik keine sonderlich erfreulichen Frameraten auf den Bildschirm gezaubert haben, ist das schon ein kräftiges Ärgernis.

Um mal ein wenig konkret darzustellen, wie ärgerlich das ist: Die PC Welt hat in der Ausgabe 5/95 Computer getestet. Wer einen PC mit Pentium 90 haben wollte, auf dem Hi-Octane wunderbar in VGA laufen sollte, konnte etwa einen Escom Tower Pentium 90 mit 16 Megabyte Arbeitsspeicher kaufen. Listenpreis: stolze 4665 Mark, was heute ungefähr 4116 Euro wären. Nicht auszumalen, dass es ein Jahr später stärkere Systeme für weniger Geld gab.

Die Qual der Praxis

Die PC-Testkandidaten für "Hi-Octane": 486DX2/66, Pentium 133 und Compaq Presario 460
Die PC-Testkandidaten für „Hi-Octane“: 486DX2/66, Pentium 133 und Compaq Presario 460

Aus meinem Computer-Sammelsurium habe ich mir drei Stück rausgepickt, mit denen ich Hi-Octane ausprobieren wollte. Sonderlich große Komplikationen bei der Einrichtung gibt es nicht, denn die mit knapp 20 Megabyte an Daten bestückte CD installiert das Spiel nicht direkt, packt aber dennoch ein paar Bytes auf die Festplatte. Es schadet allerdings nicht, alle Dateien von der CD auf die Festplatte zu kopieren.

486DX2/66

Mein 2015 bei Ebay ergatterter 486er ist ausgestattet mit einem Cx486DX2 mit 66 Megahertz und kommt von Cyrix. Mit 24 Megabyte hat der Rechner offen gestanden übertrieben viel Arbeitsspeicher für die Zeit. Die CD durfte ein Double-Speed-Laufwerk der Marke Mitsumi auslesen.

Wie einige Zeitschriften es beschrieben haben, ist Hi-Octane selbst bei 320 mal 200 Pixel quälend langsam. Frameraten im unteren einstelligen Bereich sind hier in der Tat Normalität. Das Double-Speed-Laufwerk quält sich allein schon damit, das Intro abzuspielen. Und nein, das Turboknöpfchen wurde so gedrückt, dass die Cyrix-CPU eigentlich ihre Karten ausspielen sollte.

Pentium 133

Die CPU an sich ist ungefähr so alt wie das Spiel selbst. Die 64 Megabyte Arbeitsspeicher sind auch wieder eine ordentliche Menge. Diesmal kommt als Betriebssystem Windows 95 zum Einsatz, welches kurz nach Hi-Octane rauskam.

VGA-Qualität ist mit diesem Rechner absolut kein Problem. Das Spiel störte sich nicht mal daran, dass es direkt aus Windows 95 gestartet wurde. Damit haben viele DOS-Titel normalerweise ein Problem. Das 8x-Laufwerk von Mitsumi trägt aber auch dazu bei, dass die Performance durchgehend zufriedenstellend blieb. Nur SVGA war mitunter doch eine kleine Ruckelpartie.

Compaq Presario 460

Das wird ein wenig spannend. In meiner Sammlung existiert ein All-in-One-PC, der April 1994 hergestellt wurde. In dem Kasten – bestehend aus PC-Einheit und 14 Zoll Röhrenbildschirm – werkelt ein 486SX2 mit 66 Megahertz. Hier musste mit einem externen CD-Laufwerk von Freecom nachgeholfen werden, der ein 8x-Laufwerk der Marke Sony beherbergt. Das wird mit dem Parallel-Port verbunden.

Hier muss man aber erfreulicherweise sagen, dass die Performance bei VGA überraschend in Ordnung geht. Klar, die Frameraten kratzten nur stellenweise an die 30er-Marke, aber für so ein flottes Spiel ist das sogar angenehm. Es lief definitiv besser als beim Cyrix Cx486DX2 mit derselben Taktfrequenz.

Futuristisch in der Zukunft

Bisher hat sich keine Distributionsplattform an Hi-Octane ran gewagt. Nicht mal der ehemalige Publisher Electronic Arts hielt es für nötig, dieses Bullfrog-Machwerk in ihr Portfolio für ihre EA-App aufzunehmen, bei denen man immerhin Syndicate oder Dungeon Keeper bekommt. Da helfen nur Abandonware-Seiten.

Da es sich um einen MS-DOS-Titel handelt, liegt es nahe, Hi-Octane mit dem Emulator DOSbox auszuführen. Ohne jegliche Einstellungen läuft das Spiel in der VGA-Qualität viel zu schnell, in der SVGA-Einstellung allerdings ganz normal. Geholfen hat der CPU Type „386 Prefetch“, um das Spiel in der VGA-Qualität vernünftig spielen zu können.

Wer es aber unbedingt authentisch spielen möchte, wird erst ab einem Pentium-System glücklich. Die SVGA-Einstellung lässt sich erst ab einem Pentium im zweistelligen Megahertz-Bereich flott genug spielen. Was die Beschaffung der Disk anbelangt, muss die Augen gut offenhalten, denn Hi-Octane in der PC-Version ist ein seltener Gast in Auktionshäusern. Zum Zeitpunkt dieses Artikels wurde bei Ebay zuletzt am 11. Dezember 2024 eine Big Box für 24,90 Euro verkauft. Da geht die Konsolenversion öfter durch den virtuellen Ladentisch.

Fazit: Eine kurze Crysis

Hi-Octane, Bye-Elektro. Hi-Octane war 1995 das „Crysis der 90er Jahre“. Wenn auch nicht für lange. Während Cryteks Performancemonster von 2007 selbst einige Zeit danach seine beste Grafikpracht nur in den performantesten Kisten zeigen konnte, war das mit Hi-Octane mit den Rechnern nahe der Jahrtausendwende kein Ding der Unmöglichkeit.

Es ist dennoch schmerzhaft, zu sehen, dass sündhaft teure Consumer-Systeme von Mitte 1995 dem Spiel absolut nicht gewachsen waren. Nicht auszudenken, wenn es noch mit einer Always-Online-Politik dahergekommen wäre, dann hätte es sich mit dem neusten Flight Simulator von Microsoft einreihen können.

Ich kann dennoch einen Blick in dieses untergegangene Bullfrog-Werk empfehlen. Für ein Hovercraft-Rennspiel hat es ein schönes Streckendesign, das Beschießen der Gegner macht Freude und der Einstieg ist erfreulich unkompliziert. Man hat für ein DOS-Spiel nicht einmal das totale Chaos der Einrichtung. Wer etwas mehr Action haben möchte, ist bei Psygnosis‘ Wipeout besser beraten.

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8 Kommentare zu “Hi-Octane – Bullfrogs kleiner Hardwarefresser

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